Schulwechsel: Zwischen Integration und Separation

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden in der Schweiz in verschiedenen Schulsettings (integrative Sonderschulung, Sonderklassen, Sonderschulen) unterrichtet. Schulwechsel zwischen diesen Settings sind bisher kaum untersucht worden und es ist zum Beispiel nicht bekannt, wie häufig Lernende zwischen den unterschiedlichen Settings wechseln. Mittels administrativer Daten der Schweiz werden die Häufigkeit, die Richtung und der Zeitpunkt von Settingswechseln bei Lernenden mit erhöhtem Förderbedarf erforscht.

Dissertationsprojekt verbunden mit einer Qualifikationsstelle der HfH, Begleitung durch Prof. Dr. Christoph Müller und Prof. Dr. Carmen Zurbriggen der Universität Freiburg.

Projektleitung

Romana Snozzi Titel MA

Funktion

Advanced Lecturer

Fakten

  • Dauer
    08.2021
    05.2026
  • Projektnummer
    3_39

Projektteam

  • Christoph Michael Müller
  • Carmen L. A. Zurbriggen

Kooperationen

Ausgangslage

Viele europäische Länder und andere Nationen weltweit bieten unterschiedliche Schulsettings für Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf parallel an (European Agency for Development in Special Needs Education, 2003). In der Schweiz werden Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Regelklassen oder separativ in verschiedenen Arten von Sonderschulklassen und verschiedenen Sonderschulen beschult. Wechsel zwischen den unterschiedlichen Schulsettings sind möglich. Solche Settingswechsel bieten die Möglichkeit, eine Umgebung zu finden, die optimal zu den individuellen Bedürfnissen der Lernenden passt (z. B. Croydon et al., 2019). Jedoch zeigt die Forschung, dass Schulwechsel im Allgemeinen und Settingswechsel im Speziellen für Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf besonders anspruchsvoll sein können (z. B. Harris & Nowland, 2020). Mit dem vorliegenden Forschungsprojekt soll deshalb untersucht werden, wie häufig, in welche Richtung und zu welchem Zeitpunkt Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf zwischen unterschiedlichen Schulsettings wechseln.

Vorgehen

Mit Hilfe von administrativen Statistiken sollen die Schulverläufe von Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschrieben werden:

  • Querschnittliche Analysen für die gesamte Schweiz: Das Bundesamt für Statistik führt jährliche Erhebung aller Lernenden in der Schweiz durch. Diese Statistiken können genutzt werden, um die Häufigkeiten, die Richtung und den Zeitpunkt von Schulwechseln zwischen unterschiedlichen Settings für Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu bestimmen.
  • Längsschnittliche Analysen für den Kanton Zürich: Im Kanton Zürich werden in der Bildungsstatistik seit 2009 Personenindentifikatoren erfasst. Diese können für längsschnittliche Analysen genutzt werden. Die Schulverläufe von Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden bezüglich der verschiedenen Settings aufgezeigt. Sie werden über die gesamte obligatorische Schulzeit vom Kindergarten bis und mit Sekundarstufe I beschrieben.

Ergebnisse

Die Analysen für die gesamte Schweiz zeigen, dass Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf sehr häufig zwischen den unterschiedlichen Schulsettings wechseln (vgl. Snozzi et al., 2023). Jedes Jahr wechseln im Durchschnitt 1.4 % der Lernenden das Schulsetting. Geschätzt ist das etwa ein Fünftel aller Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Wechsel sind häufiger für Sonderklassen als für Sonderschulen. Bei Kleinklassen und Sonderschulen sind Wechsel von der Regelschule etwa doppelt so häufig wie Wechsel in die andere Richtung. Wechsel zwischen Regelklassen und Sonderklassen oder -schulen finden auf allen Klassenstufen statt und sind etwas häufiger bei Übergängen zwischen Schulstufen (z.B. Kindergarten – Primarstufe).

Die Analyse der individuellen Schulverläufe von Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Kanton Zürich zeigen zudem grosse Unterschiede in den individuellen Verläufen (vgl. Snozzi et al., 2024). Etwa 8 % der Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden über die ganze obligatorische Schulzeit im selben Schulsetting unterrichtet. Die Mehrheit der Lernenden (71 %) erfährt einen oder zwei Settingswechsel, während etwa ein Fünftel das Setting in den elf Schuljahren dreimal oder häufiger wechseln.

Diskussion

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass Schulwechsel zwischen unterschiedlichen Settings für Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf häufig sind. Settingswechsel stellen für Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine besondere Herausforderung dar (Harris & Nowland, 2020). Um Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf optimal zu begleiten, ist es wichtig, Settingswechsel genauer zu erforschen. Es geht darum herauszufinden, welche Schwierigkeiten bei welcher Art von Wechseln auftreten können. Gleichzeitig sollten Chancen eines Wechsels und Möglichkeiten in der Begleitung herausgearbeitet werden.

Literatur

  • Croydon, A., Remington, A., Kenny, L., & Pellicano, E. (2019). ‘This is what we’ve always wanted’: Perspectives on young autistic people’s transition from special school to mainstream satellite classes. Autism & Developmental Language Impairments, 4, 1–16.
  • European Agency for Development in Special Needs Education. (2003). Special needs education in Europe. https://www.european-agency.org/resources/publications/special-needs-education-europe
  • Harris, J., & Nowland, R. (2020). Primary-secondary school transition: Impacts and opportunities for adjustment. Journal of Education & Social Sciences, 8(2), 55–69. https://doi.org/10.20547/jess0822008205
  • Snozzi, R., A. Zurbriggen, C. L., & Müller, C. M. (2023). School transfers in special education: Frequency, direction, and timing of transfers between different school settings. European Journal of Special Needs Education, 6(2), 1–16. https://doi.org/10.1080/08856257.2023.2207056
  • Snozzi, R., Müller, C. M., & Zurbriggen, C. L. A. (2024). School placement trajectories of students with special educational needs—A longitudinal analysis of administrative data. Journal of Research in Special Educational Needs, 1–15. https://doi.org/10.1111/1471-3802.12714