Class-in-Sync: Mobiles EEG Hyperscanning in Bildungsumgebungen

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Die pädagogischen Neurowissenschaften sind ein aufstrebender Bereich, der die Bildung durch neurowissenschaftliche Methoden unterstützen will. Die bisherige begrenzte Forschung auf diesem Gebiet wurde in Bezug auf 16- bis 18-jährige Schülergruppen durchgeführt. In diesem Forschungsprojekt wollen wir die Durchführbarkeit des mobilen EEG-Hyperscannings als Methode zur Erkennung von Unterschieden bei kognitiven und sozialen Neuromarkern in einer Gruppe von sechs Schülern im Alter von zehn bis elf Jahren im Rahmen verschiedener Unterrichtsaktivitäten in einem realen Bildungsumfeld bewerten.

Projektleitung

Peter Klaver Titel Prof. Dr.

Funktion

Leiter Zentrum Forschung und Wissenstransfer / Professor

Fakten

  • Dauer
    06.2024
    12.2024
  • Projektnummer
    1_36

Projektteam

Ausgangslage

Unter Hyperscanning versteht man die gleichzeitige Aufzeichnung der Hirnaktivität mehrerer Personen mit anschliessender Analyse einer Hirnaktivität im Verhältnis zu anderen Hirnaktivitäten anstelle von externen Stimuli. Tragbare und erschwingliche mobile Elektroenzephalographie (EEG)-Geräte ermöglichen nicht-invasive und unter realen Bedingungen anwendbare Aufzeichnungen der Hirnwellendynamik (Babiloni et al. 2014). Es hat sich gezeigt, dass mobile EEG-Geräte eine ausreichende Qualität der Signalerfassung für die Forschung in verschiedenen neurowissenschaftlichen Bereichen, einschliesslich der Bildungsneurowissenschaften, aufweisen (Czeszumski et al. 2020). Da der Bereich des Hyperscannings Datenverarbeitungsmetriken erfordert, die für den Ansatz «Gehirn-zu-Gehirn» anstelle von «Gehirn-zu-Stimuli» geeignet sind, sind neue Softwarebibliotheken entstanden, um diesen Bedarf zu decken (Ayrolles et al. 2021).

Mobiles EEG-Hyperscanning eignet sich für die Untersuchung des Gehirns bei sozialen Interaktionen, z. B. im Klassenzimmer. Die wenigen Arbeiten, die sich speziell mit Hyperscanning in den Bildungsneurowissenschaften befassen, berichten, dass die Synchronisation zwischen den Gehirnen bei Schülern während interaktiver Unterrichtsaktivitäten höher ist als bei passiven Unterrichtsaktivitäten (Dikker et al., 2018). Parallel dazu zeigen die Daten aus der Erziehungswissenschaft, dass Lernen durch soziale Interaktion die Leistung der Schüler verbessert (Furrer & Skinner, 2003). Effiziente soziale Interaktionen erfordern ein Gefühl der Integration, das besonders in gemischten Gruppen von Schülern mit und ohne besondere Bedürfnisse wichtig ist. Ein weiterer wichtiger pädagogischer Faktor ist die Schüler-Lehrer-Beziehung (Holper et al. 2013).

Die Daten zum Hyperscanning in den Bildungsneurowissenschaften sind begrenzt, und es gibt keine speziellen Hyperscanning-Studien zur Verfolgung der sozialen Gehirnmuster in Kindergruppen in realen Bildungsumgebungen. Es gibt auch keine offene Diskussion in der Literatur über die Einführung der Hyperscanning-Methode für die Bewertung von Unterrichtsstilen und Bildungsumgebungen und die regelmässige Erhebung neuronaler Daten in Gruppen von Schülern unterschiedlichen Alters, einschliesslich Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Die Neuheit des Projekts ist die Anwendung des mobilen EEG-Hyperscannings mit einer Vielzahl von Metriken zur Synchronisation zwischen den Gehirnen bei Schulkindern in realen Umgebungen, mit dem Ziel, die Durchführbarkeit dieser Methode für weitere regelmässige neuronale Datenerhebungen für die Bildungsforschung und die Verbesserung der Unterrichtspraktiken bei Schülern unterschiedlichen Alters, einschliesslich Kindern mit besonderen Bedürfnissen, zu bewerten.

Methode

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine Machbarkeitsstudie und die erste Phase einer geplanten Reihe von aufeinander folgenden Studien, die die Durchführbarkeit des mobilen EEG-Hyperscannings als Feedback-Methode in Bildungsumgebungen bewerten sollen. Das Projekt verfolgt die Kriterien die für eine Machbarkeitsstudie geeignet sind (Orsmond et al. 2015).

Erhebungen von EEG-Daten und Fragebögen werden von sechs Schulkindern im Alter von zehn bis elf Jahren während individueller und interaktiver Klassenaktivitäten gesammelt. Das erste Ziel ist die Evaluierung der Qualität und Eignung der gesammelten EEG-Daten für die Verfolgung der sozialen Gehirndynamik durch die Anwendung von Hyperscanning-Analyse-Metriken. Das zweite Ziel ist die Evaluierung der Korrelation zwischen den Antworten der Schüler auf die Fragebögen und der sozialen Gehirndynamik während individueller und interaktiver Klassenaktivitäten.

Die Ergebnisse unserer Vorarbeiten werden in diese Studie einfliessen. Wir haben eine Hyperscanning-Softwarepipeline entwickelt und eine Pilotstudie durchgeführt, die die Effizienz der entwickelten Softwarepipeline für die Hyperscanning-Analyse und die Anwendbarkeit der ausgewählten Metriken für die Bewertung des Niveaus der Synchronisierung von Gehirnaktivitäten gezeigt hat.

Erwartete Ergebnisse

Die Machbarkeitsbewertung des mobilen EEG-Hyperscannings in Bildungsumgebungen kann die Vorteile und Grenzen dieser Methode aufzeigen und Richtungen für eine regelmässige neuronale Datenerfassung und EEG-basiertes Feedback bei Schülergruppen unterschiedlichen Alters, einschliesslich Kindern mit besonderen Bedürfnissen, skizzieren.

Ausblick für die Praxis

Die Einführung mobiler EEG-Hyperscanning-Techniken in Bildungsumgebungen kann auch zum Wachstum der neuronalen Daten zur sozialen Entwicklung beitragen. Auf dieser Grundlage kann die individuelle und gruppenspezifische Varianz geschätzt und für Rückmeldungen zu Unterrichtsumgebungen (z. B. durch Algorithmen des maschinellen Lernens) verwendet werden. Rückmeldungen zu Unterrichtsumgebungen für Lehrer und Lehrer in der Sonderpädagogik können wiederum zur Optimierung integrativer Schulumgebungen genutzt werden (Wilcox et al. 2021).

Literatur

  • Ayrolles, A., Brun, F., Chen, P., Amir Djalovski, A., Beauxis, Y., Delorme R., Bourgeron, T., Dikker, S., Guillaume Dumas, G. (2021). HyPyP: a Hyperscanning Python Pipeline for inter-brain connectivity analysis. Social Cognitive and Affective Neuroscience, 16(1–2), 72-83. doi: 10.1093/scan/nsaa141
  • Babiloni, F., Astolfi, L. (2014). Social neuroscience and hyperscanning techniques: Past, present and future. Neurosci Biobehav Rev, 44, 76–93. doi: 10.1016/j.neubiorev.2012.07.006 
  • Czeszumski, A., Eustergerling, S., Lang, A., Menrath, D., Gerstenberger, M., Schuberth, S., Schreiber F., Rendon Z. Z., König P. (2020). Hyperscanning: A Valid Method to Study Neural Inter-brain Underpinnings of Social Interaction. Front Hum Neurosci, 14, 39. doi: 10.3389/fnhum.2020.00039
  • Dikker, S., Wan, L., Davidesco, I., Kaggen, L., Oostrik, M., McClintock, J., Rowland, Michalareas, G., Van Bavel, J.J., Ding, M., Poeppel, D. (2018). Brain-to-Brain Synchrony Tracks Real-World Dynamic Group Interactions in the Classroom. Curr Biol, 27(9), 1375–1380. doi: 10.1016/j.cub.2017.04.002
  • Furrer, C., & Skinner, E. (2003). Sense of relatedness as a factor in children’s academic engagement and performance. Journal of Educational Psychology, 95(1), 148–162. doi: 10.1037/0022-0663.95.1.148 
  • Holper, L., Goldin, A. P., Shalóm, D. E., Battro, A. M., Wolf, M., and Sigman, M. (2013). The teaching and the learning brain: a cortical hemodynamic marker of teacher–student interactions in the socratic dialog. Int J Educ Res, 59, 1–10. doi: 10.1016/j.ijer.2013.02.002
  • Orsmond, G.I., Cohn, E. S. (2015). The Distinctive Features of a Feasibility Study: Objectives and Guiding Questions. OTJR (Thorofare N J), Jul; 35(3). doi: 10.1177/1539449215578649 
  • Wilcox, G., Morett, L.M., Hawes, Y., Dommett, E.J. (2021). Why Educational Neuroscience Needs Educational and School Psychology to Effectively Translate Neuroscience to Educational Practice. Front Psychol, 11, 618449. doi: 10.3389/fpsyg.2020.618449