Der Diskurs der Heilpädagogik. Diskursstrategien und Diskurskoalitionen 2011-2019.

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Die öffentliche Meinung bildet Dreh- und Angelpunkt zwischen Bevölkerung und politischen Entscheidungsträgern.  Welche Themen in der öffentlichen Agenda stehen und welche Positionen die öffentliche Meinung widerspiegeln, ist das Resultat eines kollektiven Prozesses der Agendabildung, bei welchem sich politische Akteure, Medien sowie Bürgerinnen und Bürger gegenseitig beeinflussen.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung, welche der öffentlichen Meinung für die politischen Entscheidungsträger in liberalen Demokratien zukommt, ist es auch für die Heil- und Sonderpädagogik notwendig, zu untersuchen, inwiefern etablierte Akteure sowie Medien und Öffentlichkeit die Schulung von Kindern mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen thematisieren, sich gegenseitig bedingen und damit die regulatorischen Rahmenbedingungen beeinflussen.

Projektleitung

Monika Wicki Titel Prof. Dr. phil.

Funktion

Professorin für Special Needs Educational Governance

Fakten

  • Dauer
    02.2020
    10.2020
  • Projektnummer
    5_62

Fragestellung und Methode

Untersucht wurde die Anzahl, Autorenschaft, Inhalte und der Impact der in den Kantonsparlamenten eingereichten politische Vorstösse zu heil- und sonderpädagogischen Themen zwischen 2012 und 2019 und der Medienberichte zum Thema Integration/Inklusion der deutschsprachigen Schweiz zwischen 2015 und 2019. Dabei wurden Diskursstrategien und Diskurskoalitionen herausgearbeitet.

Ergebnisse und Fazit für die Praxis

Die Studie zeigt, die parlamentarischen politischen Akteure verfolgten zwischen 2012 bis 2019 in 207 Vorstössen oft polarisierende sonderpädagogische Themen und fokussierten dabei auf das prioritäre Thema der integrativen Schulung. Insgesamt scheint die durch die politischen Akteure in der parlamentarischen Arena praktizierte Top-Down-Strategie in Bezug auf Gesetzesänderungen aber eher ineffektiv zu sein. Nur gut 10% der Vorstösse zielten auf eine tatsächliche gesetzliche Veränderung hin und nicht einmal die Hälfte davon wurde tatsächlich überwiesen.

Zwischen 2015 und 2019 sind in deutschsprachigen Medien 119 Berichte über Inklusion/Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen erschienen. Neben den «Bund» und der «Sonntagszeitung» mit stehen auch die Aargauer- und Solothurner Zeitungen an der Spitze der Berichterstattung. Berichte in den grossen Zeitungen sind oft gefolgt von zahlreichen Leserbriefen und bestimmen so den Diskurs. Da aber die darauffolgenden parlamentarischen Vorstösse oft ineffektiv sind, verpufft die Wirkung und es bleibt der schale Geschmack ungelöster Probleme im Feld.

Schulbehörden, Schulleitungen, Lehrpersonen und Verbände aber auch die Wissenschaft sind gefordert, den Fachdiskurs voranzubringen und realisierbare Lösungen für aktuelle Probleme zu benennen und diese in den medialen und politischen Diskurs aktiv einzubringen.

Publikationen

  • Wicki, M.
    Der Diskurs der Heilpädagogik.
    Forschungskolloquium der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik,
    Zürich, Schweiz.
  • Wicki, M.
    (2022).
    Diskriminierende Sprechakte im Parlament: Analysen heil- und sonderpädagogischer Vorstösse in den Schweizer Kantonsparlamenten.
    In SGBF Lausanne (Hrsg.),
    SGBF Kongress 2022.
  • Wicki, M.
    "Unruhe beheben – Kosten sparen": Diskrminierende Sprechakte der politischen Arena in der Schweiz
    [Konferenzvortrag].
    IFO 2023 - 36. Jahrestagung der Inklusionsforscher:innen. Internationale und demokratische Perspektiven auf Inklusion und Chancengerechtigkeit,
    Zürich, Schweiz.
  • Wicki, M.
    (2024).
    „Unruhe beheben – Kosten sparen“: Diskriminierende Sprechakte der politischen und medialen Arena in der Schweiz 2012 bis 2022.
    In I. Bosse, K. Müller, & D. Nussbaumer (Hrsg.),
    Internationale und demokratische Perspektiven auf Inklusion und Chancengerechtigkeit
    (S. 104–110).
    Julius Klinkhardt.