«Sprecht mit uns, nicht über uns.»

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Der gemeinnützige Verein mosa!k präsentierte vom 2.bis 5. November 2017 die Ausstellung «Demenz – eins nach dem anderen. Texte, Zeichnungen und mehr von Menschen mit Demenz». Die international bekannte Demenzaktivistin Helga Rohra war als Höhepunkt der Demenztage in einem Interview mit Prof. Dr. habil. Jürgen Steiner, Studiengangsleiter Logopädie der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik, zu sehen und zu erleben.

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Die vom Verein mosa!k organisierte Ausstellung fand im Rahmen der Aktion Demenz der Stadt St. Gallen statt und hatte zum Ziel das Thema Demenz der Öffentlichkeit näher zu bringen. Sie richtete sich an Betroffene, Angehörige und Interessierte.

Die beiden Veranstalterinnen Christina De Biasio Marinello und Ulla Ahmann vom Verein mosa!k motivierten Betroffene zur Kreation von persönlichen «Mutmachsteinen». Diese mutmachenden Werke und Gegenstände begleiteten die gesamte Ausstellung und dienten als Inspiration für die Besucher. Im Zentrum konnten Bilder und Texte von Franz Inauen, Demenzbetroffener, betrachtet werden. Zudem wurden im Waaghaussaal Zitate und Bilder vom verstorbenen amerikanischen Demenzaktivisten Richard Taylor gezeigt. Er erhielt die Diagnose Demenz im Alter von 58 Jahren. Die Besonderheit ist, dass er als Psychologieprofessor geübt war zu reflektieren, zu schreiben und Vorträge zu halten. Dies hat er trotz Demenz aufrechterhalten und sich als Erster für die Rechte demenzbetroffener Menschen eingesetzt. «Stand up – speak up!» ist sein Aufruf an Demenzbetroffene sich zu Wort zu melden und für sich einzutreten.

Eine ähnliche Geschichte hat Helga Rohra vorzuweisen. Die ehemalige Konferenz-Dolmetscherin, welche neun Sprachen beherrschte, erhielt im Alter von 54 Jahren die Diagnose «Demenz vom Typ Lewy Body». Nach einem Absturz aus ihrem gewohnten Leben setzt sich Helga Rohra seit inzwischen acht Jahren international für die Anliegen und Bedürfnisse von Betroffenen ein. «Sprecht mit uns, nicht über uns!» war einer ihrer Sätze im Gespräch mit Prof. Dr. habil. Jürgen Steiner. «Menschen mit Demenz wollen Begegnungen auf Augenhöhe», fordert sie weiter. Demenz ist aber nicht nur Last und Bürde für die Gesellschaft; eine Gesellschaft, der Inklusion wichtig ist, muss sich fragen, was jenseits von Leistung und Aktivität das Miteinander ausmacht. Mit Recht sagt Helga Rohra: «Demenz ist nicht das Ende – es ist der Anfang eines neuen Lebens.»

Helga Rohra betonte ebenso die Wichtigkeit der professionellen psycho-sozialen Begleitung nach der Diagnosestellung. Medikamente reichen nicht. Das gilt auch für zukünftige Forschung: «Wir brauchen Soziozeutika, nicht Pharmazeutika», sagt die Aktivistin.

Logopäden, Logopädinnen, Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen können neben Selbsthilfegruppen dabei eine wesentliche Rolle als Begleiter spielen. Das Kompetenzzentrum Sprache und Demenz an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik bietet ein Beratungs- und Informationsangebot für Demenzbetroffene an mit Beteiligung der Logopädie-Studierenden und nimmt damit eine Vorreiterrolle ein.

Mosa!k wurde vor eineinhalb Jahren von den Ausstellungsveranstalterinnen ins Leben gerufen. Sie bieten im Raum St. Gallen tagesstrukturelle Angebote für junge Demenzbetroffene an. Dazu gehören Freizeitgestaltungen wie Selbsthilfegruppen oder gemeinsames Wandern. Im Zentrum stehen die Betroffenen und ihre Angehörigen. Sie bieten ein Angebot für die Inklusion für Menschen mit Demenz.

Bund und Kantone beschäftigen sich seit dem Jahr 2014 mit der «Nationalen Demenzstrategie». Eine Verlängerung bis ins Jahr 2019 wurde beschlossen. Im Zentrum der Strategie steht der an Demenz erkrankte Mensch und seine Bezugspersonen. Die einhergehenden Belastungen sollen verringert und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden. Den Betroffenen sollen während des gesamten Krankheitsverlaufs koordinierte und bedarfsgerechte Angebote zur Verfügung stehen. Ein Ziel der Nationalen Demenzstrategie ist es, die engagierten Angehörigen mit geeigneten Massnahmen zu entlasten (unter anderem mit dem Ausbau von flexiblen Entlastungsangeboten, verbesserter Koordination der Leistungen) und ihre vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen zu stärken (unter anderem mit gezielten Bildungsmassnahmen). Mosa!k gelingt es, ein abwechslungsreiches Angebot für die Demenzbetroffenen und ihre Angehörigen zu schaffen und übernehmen somit eine Vorreiterrolle. Sie machen Mut, um auch in anderen Teilen der Schweiz solche Angebote, speziell für jung Betroffenen, anzubieten.

Ein eher kleiner Verein hat in Sankt Gallen die Richtung gewiesen und die Öffentlichkeit erreicht.

Eine DVD «Demenz & Esprit» mit früheren Gesprächen zwischen Prof. Dr. habil. Jürgen Steiner und Richard Taylor sowie mit Helga Rohra ist erhältlich im HfH-Shop oder über juergen.steiner [at] hfh.ch (juergen[dot]steiner[at]hfh[dot]ch).

Autorinnen: Emanuela Frisina und Jelena Arnold, Studentinnen im Bachelorstudiengang Logopädie, HfH

HfHnews Dezember 2017

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Fakten

  • Erscheinungsweise ca. sechs Mal jährlich
  • Inhalt Hausmitteilungen der HfH
  • Adressaten Mitarbeitende, Studierende, Hochschulrat und Interessierte
  • Verantwortlich Prof. Dr. Barbara Fäh, Rektorin der HfH
  • Redaktion Sabrina Demergi, MSc Sabine Hüttche