MentEd.ch - Bringing mentalisation-based education to Switzerland

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

MentEd.ch setzt sich zum Ziel, die Mentalisierungsbasierte Pädagogik in der Schweizer Heilpädagogik zu adaptieren. Dies geschieht auf hochschulischer Ebene durch die curriculare Verankerung an der HfH mit Unterstützung durch ein international etabliertes Netzwerk. Nach erfolgreichen Förderphasen durch die DFG und Erasmus+ und einen durch Movetia geförderten vorbereitenden Besuch am University College London erreicht die Arbeit des Netzwerkes durch das Internationale Programm der Stiftung Movetia nun eine neue Reichweite und leistet einen Beitrag zur Qualität und Innovation des Schweizer Bildungssystems. Transnationaler Wissenstransfer fokussiert die Professionalisierung von Multiplikatoren.

Gemeinsame Lehraktivitäten, Publikations- und Vortragstätigkeit verankern die Schweizer Adaption der Mentalisierenden Sonderpädagogik interkantonal in den Bereichen schulischer Heilpädagogik und Psychomotoriktherapie. Die Lehrmaterialien, praxis- und lehrbezogene Umsetzungsmöglichkeiten und die Evaluationsergebnisse werden als intellectual output aufgearbeitet und für Fachpersonen sowie Hochschullehrende leicht zugänglich gemacht für nachhaltige Dissemination über den Förderzeitraum hinaus.

Projektleitung

Pierre-Carl Link Titel Prof.

Funktion

Professor für Erziehung und Bildung im Feld sozio-emotionaler und psychomotorischer Entwicklung

Fakten

  • Dauer
    10.2022
    12.2024
  • Projektnummer
    2_21

Projektteam

  • Xenia Müller
  • Lucia Maier
  • Noëlle Behringer
  • Peter Fonagy
  • Stephan Gingelmaier
  • Joost Hutsebaut
  • Holger Kirsch
  • Tillmann F. Kreuzer
  • Tobias Nolte
  • Nicola-Hans Schwarzer
  • Agnes Turner
  • Michael Wininger
  • Melanie Henter

MOVETIA hat auch den vorbereitenden Besuch am UCL (London) im März finanziert.

Movetia-Projektnr.: 022-1-CH01-IP-0046

Ausgangslage

Im Zentrum des Entwicklungsprojekts steht das zunächst psychotherapeutisch geprägte Mentalisierungskonzept, welches seit den 1990er-Jahre von der Gruppe um Peter Fonagy am University College London entwickelt wird und Beiträge verschiedener Disziplinen in einer Theorie des Mentalen integriert. Mentalisieren ist dabei «ein imaginatives Wahrnehmen oder Interpretieren von Verhalten unter Bezugnahme auf intentionale mentale Zustände» (Allen, Fonagy, Bateman, 2011, 24). Die Mentalisierungsfähigkeit gestattet es demnach, dass «psychische oder mentale Befindlichkeiten genutzt werden, um zu verstehen, wie sich das eigene und das Verhalten anderer begründet» (Taubner, 2015, 17 f.). Mentalisierende Beziehungserfahrungen können bei Menschen die Mentalisierungsfähigkeit verbessern und unterstützen bei der Aufrechterhaltung psychischer Gesundheit, dem kognitiven, sozio-emotionalen Lernen und dem Interagieren in sozialer Interaktion. Deshalb spielt Mentalisieren auch in der Heilpädagogik eine grosse Rolle. Die Mentalisierungsbasierte Pädagogik ist ein innovativer Forschungsansatz, dessen Grundannahme darin besteht, dass gelingende Prozesse und Interaktionen in der Interaktion zwischen Lernenden und Lehrpersonen mentalisierend verstanden werden können. Das bedeutet, dass Emotionen, Verstehen, sozialkognitives Lernen und pädagogische Beziehung im Vordergrund stehen.

Das internationale und interdisziplinäre DFG-Forschungsnetzwerk (MentEd) wurde - bisweilen noch ohne Schweizer Beteiligung - mit dem Ziel gegründet, diesen umfassenden, klinischen Ansatz auf die Pädagogik zu übertragen. Das Netzwerk wurde von 2016 bis Januar 2020 von der DFG gefördert, wodurch eine vertrauensvolle Partnerschaft zur UCL und dem Antragsteller aufgebaut werden konnte. Derzeit findet der Transfer auf die Praxisebene über eine ERASMUS+ Strategische Partnerschaft statt, im Rahmen derer pädagogische Fachpersonen geschult werden.

Auf Tertiärstufe soll an der HfH, die durch ihre interkantonale Ausrichtung mit 13 Trägerkantonen und Liechtenstein eine Flächenhochschule mit grosser Strahlkraft darstellt, ein besonderer Fokus auf die Ausbildung von sonderpädagogischen Fachpersonen gelegt werden. Dadurch, dass die HfH Lehrpersonen adressiert, die interkantonal studienbegleitend in Schulen tätig sind, ist von einem hohen und nachhaltigen Multiplikatoreneffekt von der Tertiärstufe hinein ins schulische Bildungssystem zu erwarten.

Vorgehen

Das Projekt dient dem Ziel, die HfH als erste Schweizer Hochschule international zu Mentalisierender Pädagogik zu vernetzen. Im Zentrum steht das Mentalisierungskonzept. Mentalisieren ist ein Wahrnehmen von Verhalten, das intentionale mentale Zustände berücksichtigt. Dies gestattet es, eigene oder fremde Verhaltensweisen auf Basis mentaler Befindlichkeit zu verstehen. Mentalisierende Beziehungserfahrungen können diese Fähigkeit verbessern und helfen bei der Aufrechterhaltung psychischer Gesundheit, dem kognitiven und sozial-emotionalen Lernen. Mentalisierende Pädagogik ist ein innovativer Forschungsansatz, dessen Grundannahme darin besteht, dass gelingende Prozesse in der Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden mentalisierend nachvollzogen werden können. Das bedeutet, dass Emotionen, Verstehen, sozialkognitives Lernen und pädagogische Beziehung im Vordergrund stehen.

Die bereits etablierte Kooperation, die sich durch zwei abgeschlossenen Förderphasen und einen vorbereitenden Besuch bei Peter Fonagy und Tobias Nolte am University College London erweitert und stabilisiert hat, kann durch eine dritte Förderperiode erstmalig in Leitung und Koordination an eine Schweizer PH gehen. Auf dem bisherigen Forschungsweg zeigt sich eine Herausforderung, die durch die Schweizer Einbindung konstruktiv gelöst werden kann: Die systematische Einbindung von Studierenden, die sich berufsbegleitend in der Heilpädagogik professionalisieren, in das Forschungs- und Ausbildungsfeld. Ein internationaler Dialog zu einer praxisrelevanten Fragestellung, die einem hohes Mass an Konzeptanwendung dienen könnte, könnte hier sicherlich entscheidende Impulse setzen. Der Praxistransfer, im Rahmen dessen Studierenden ohne Berufserfahrung geschult wurden, zeigt sich, dass eine Anwendung auf berufsbegleitend in der Heilpädagogik tätige einen Kompetenzzuwachs in der Mentalisierungsfähigkeit verspricht.

Das Projekt leistet unter dem Topos «Chancengleichheit» zu folgenden Programmzielen (Movetia, Internationales Programm) einen Beitrag:

  •  Aufbau neuer internationaler Partnerschaften / Stärkung internationaler Partnerschaften (Internationale Vernetzung und Kapazitätsaufbau)
  •  Transnationaler Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Institutionen
  •  Umsetzung innovativer Ansätze in der Bildung

Nach Projektende soll Mentalisieren als für die Heilpädagogik in der Schweiz sinnvoller und evidenzbasierter Zugang zum besseren Umgang mit Verhaltensproblemen bekannt sein. Studierende Lehrpersonen können das Konzept curricular an der HfH kennenlernen sowie im schulischen Praxisfeld erproben. Durch die Adressierung von Multiplikatoren ist es ein Ziel, das Mentalisieren in das Schulsystem zu bringen, v.a. bei einer Hochrisikopopulation von Schülern mit besonderen Bedürfnissen. Durch die Bereitstellung eines Rahmens, der auf die Beziehungsbedürfnisse dieser Schüler zugeschnitten ist, wird ein Beitrag geleistet, um das Auftreten schwerwiegenderer psychischer Probleme zu verhindern. Die Machbarkeit derIntegration eines Mentalisierungsrahmens in die Heilpädagogik und die empirische Untermauerung als Mittel zur Verringerung des Risikos und zur Verhinderung des Ausbruchs schwerer psychischer Erkrankungen entsprechen dem Auftrag der HfH. Am Ende des Projekts steht ein Antrag, der auf eine umfassende Studie eines Trainings mit Schweizer Lehrpersonen zielt. In einem nächsten Schritt soll die Kooperation mit Schweizer Hochschulen und Schulen ausgebaut werden. mented.ch wird die Resultate nachhaltig sichern und niederschwellig zur Verfügung stellen. Zur Anbahnung der Vernetzung in die französisch und italienischsprachige Schweiz werden Lehrfilme und Materialen in diesen Sprachen verfügbar sein.

Das Studium erhält eine Bereicherung um ein psychoanalytisches sinn-verstehendes Konzept, dass die Lehre an aktuelle internationale, wissenschaftliche Befunde anschlussfähig macht. Auf Forschungsebene ist ihre internationale Sichtbarkeit und Vernetzung, sowie die Möglichkeiten zur Mobilität erhöht. Die Institutionen erwartet eine konzeptuelle Weiterentwicklung des Curriculums mit Fokus Heilpädagogik, Erweiterung des Lehrangebotes, Ausbau und konstruktive Kritik der Evidenzbasierung, sowie Ausbau stärker praxeologischer, verstehender psychoanalytischer Professionalisierungs- und Bildungsstrategien, sowie die Implementierung des Ansatzes in den beteiligten Ländern, Vernetzung mit der Schweizer Institutionen für Lehr-, Praxis- und Forschungstransfer.

Drei Arbeitspakete respektive Aktivitäten strukturieren die Meilensteine des auf zwei Jahre angelegten Forschungs- und Entwicklungsprojekts:

  1. Einführungs- und Konsolidierungsphase des Netzwerks in der Schweiz;
  2. Adaption der Mentalisierungsbasierten Pädagogik im Schweizer Bildungssystem am Beispiel der Heil- und Sonderpädagogik;
  3. Mentalisierungstraining & Adaption der Evaluationsinstrumente & Methoden für Replikationsstudie (Folgeantrag)

Zielsetzung

Das Projektziel entstammt einem eruierten Bedarf der Schweizer Heilpädagogik – Ausbildung. Die HfH und somit auch weitere Hochschulen auf dem Gebiet entwickeln und implementieren zusammen ein noch nicht vorhandenes fachliches Modul (Mentalisierungsbasierte Pädagogik). Davon profitiert das Schweizer Bildungssystem insofern, dass die Ausbildung in Heilpädagogik weiter professionalisiert wird. Die HfH wird als erste Schweizer Hochschule international auf dem Gebiet der Mentalisierender Pädagogik vernetzt. Das Konzept baut auf die Erkenntnisse und Ergebnisse zweier vorhergehender Projektphasen, welche über europäische Fördergelder (u.a. Erasmus KA2) gefördert worden sind. Die Zusammenarbeit besteht bereits seit 2016 und entstand u.a. aus einer KA2 Erasmus+ Kooperation, in welcher die Partneruniversitäten neuestes Fachwissen auf dem Gebiet zusammen entwickelt haben.

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt dient folgenden Zielen

  1. die Vernetzung von etablierten internationalen und europäischen Expert:innen mit einer interkantonal verfassten Hochschule voranzubringen, um das Schweizer Bildungssystem mit seinen Bedarfen und Möglichkeiten in Hinblick auf Exklusionsprävention und Inklusionschancen explizit in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken;
  2. auf dieser Basis Thema und Wirkung Mentalisierungsbasierter Pädagogik für schulische Prävention und Intervention bei Schulschwierigkeiten im hochschulischen Feld durch Vortrags-, Publikations- und Tagungstätigkeit interkantonal breit zu verankern, mit dem Ziel, Kontakte zu potenziellen Schweizer Kooperationspartnern auf Hochschul- und Schulebene anzubahnen; sowie
  3. einen Drittmittelantrag für eine Replikationsstudie auf den Weg zu bringen, um ein Fortbildungscurriculum für Lehrpersonen und angehende Heilpädagogen an die Schweiz zu adaptieren und berufsspezifisch auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Intellectual Outputs

  • Gemeinsame Lehr-/Lern-/Trainingsaktivität (z.B. Kurs, Projekt, Wettbewerb);
  • Gemeinsames Folgeprojekt (z.B. Antrag), institutionalisierte Zusammenarbeit, Memorandum of Understanding;
  • Bericht, Studie, Fachpublikation.

Literatur

  • Allen, J. G., Fonagy, P. & Bateman, A. W. (2011). Mentalisieren in der psychotherapeutischen Praxis. Klett-Cotta.
  • Taubner, S. (2015). Konzept Mentalisieren. Psychosozial-Verlag.

Publikationen